Dienstag, 10. November 2009

Wwoofen in Thames - Erste Eindrücke

Im Moment sitze ich im Garten, draußen im Grünen, in der Nähe von Thames (süd-östlich von Auckland). Vor mir auf dem Tisch sitzt eines der Kinder, was mich beim Schreiben beobachtet und sekündlich fragt, wann ich denn endlich fertig sei, damit ich wieder Zeit für sie hätte..

Sie ist 4 Jahre alt und eines der 4 Kinder der Familie bei der ich gerade wwoofe.... sie findet es gerade ziemlich lustig, dass ich von ihr schreibe und wahnsinnig spannend..
(Ich lese ihr das gerade vor, was ich schreibe...)

Alle vier Kinder sind wahnsinnig offen und lieb und begrüßen mich wie einen heiß ersehnten Gast. Am ersten Abend gab es direkt Tränen, wer neben mit sitzen darf und es wurde hart um die Sitzordnung gefeilscht.
Während die beiden Großen in der Schule sind, hat mich die Zweitjüngste heute fleißig dabei unterstützt, das Unkraut aus dem ersten Teil des Erdbeepflanzenbeetes zu zupfen. Sie war eine sehr gute Helferin und hat mich die ganze Zeit unterhalten.... später haben wir dann noch den Hühnerstall ausgemistet und neues Streu hineigekippt. Sie zeigte mir ganz beflissen all das, was ich nicht weiß und weicht nicht von meiner Seite...

Meine Host-Family lebt hier ein sehr alternatives Leben.
Sie bauen sich das ganze Obst und Gemüse zum Leben selber an und haben eine Auswahl an Obstsorten, die wir nicht mal im KaDeWe haben. Natürlich alles zu seiner Jahreszeit.. Bananenbäume, Äpfel, Kiwis, Avocados, Papaja, Orangen, Zitronen, Birnen, Nektarinen, Pfirsiche; div. Nüsse: Mandel, Macadamia, Walnuss, Haselnuss; die gesamte Beerenpalette und div. andere Früchte, deren Namen ich mir nicht behalten habe....... dazu alles mögliche an Gemüse, Kartoffeln, Süßkartoffeln... was man sich nur vorstellen kann bzw. die Vorstellung übertrifft, weil mir die Sorten zum Teil gänzlich unbekannt sind. Dazu Eier von hauseigenen Hühnern und Enten, selbstmachter Ziegenkäse von der Mich der Ziegen, selbstgemachte Marmeladen, ausschließlich frische Rohmilch von der Kuh des Nachbarbauern..
Es ist wahrlich das kulinarische Bio-Paradies hier! Absolut!!

Der ganze Hof ist nicht wahnsinnig groß.
Zwar im Vergleich zu Höfen, die ich kenne, schon, aber für neuseeländische Verhältnisse ist er eher klein. Auf dem Grundstück stehen 2 Häuser - ein Altes und ein Neues.
In dem alten Haus lebt die Familie und im neuen Haus habe ich mein Zimmer mit eigenem Bad. Außerdem ist dort das Büro und ein Teil ist vermietet.
Mein Zimmer ist somit total neu - sicherlich absolut unüblich für Wwoofing-Unterkünfte.
(Alles Andere wird also nur schlechter werden können. Jana z.B. lebt in einem alten Bus mitten im Hühnerhof...ohne Strom und von einem angerenzenden Bad ganz zu schweigen)

Der Blick aus meinem Zimmer in der oberen Etage ist fantastisch.
Ich schaue auf Berge die z.Tl. in Wolken oder Nebel hängen und auf Weite...
Sobald ich die Gelegenheit habe, Fotos hochzulden, werde ich das tun.
Aufgrund des Datenvolumens, darf ich es hier nicht. Wie ich schon mal sagte - hier gibt es keine Flaterates, wie wir sie aus Deutschland kennen. Es können nur "Download-Pakete" gekauft werden. Das Hochladen und Bearbeiten von Fotos frisst zu viel Volumen, sodass ich darauf verzichten muß und das auch möchte. Schließlich ist es ein Geben und Nehmen und ich möchte auf keinen Fall Kosten verursachen, die ich durch meine Arbeitshilfe nicht ansatzweise wieder aufwiegen könnte.
Ich hab mir vorgenommen, die Tage mal nach Thames reinzufahren und hoffe, dort ein Internetcafe zu finden, welches halbwegs geschwind läuft (Neuseeland und die Internetgeschwindigkeit ist nämlich so eine Sache...), sodass ich dort die Bilder uploaden kann - bestenfalls für einen Stundenpreis und keinen Datenvolumenpreis.

Ja, was muß ich hier nun machen, fragt ihr euch vielleicht.
Also, ich muß grob von 9-14:00 "arbeiten" und am Abend noch ein paar Dinge tun bzw. im Haushalt helfen - von Mo-Sa. und hab den Rest der Zeit frei. Dafür kriege ich halt Kost (Biokost... *yam* ) und Logis umsonst. Außerdem wird hier selber Brot gebacken - also deutsches Brot - richtig aus Körnern und nicht so ein Schlaffi-Toast, wie man es hier sonst ausschließlich bekommt...

Meine derzeitigen Aufgaben sind es, das Erdbeerbeet vom Unkraut zu befreien (*ufff* .. wat 'ne Arbeit..), den Hühnerstall sauber zu halten, die Hühner zu füttern, die Ziegen zu melken (dazu morgen mehr), ein mittelgroßes Stück Feld von Diesteln zu befreien, weil darunter Humus ist - und diesen dann ausbuddeln, um ihn auf die Beete zu verteilen. Ich hab also gut zu tun. Gartenarbeit vom Feinsten eben - aber unter fantastischer Kulisse bei frühsommerlichen Temperaturen.
Ich wühle also den ganzen Tag (bzw. ca. 5 Stunden davon) im Dreck, renne in Gummistiefeln durch die Gegend, knie mit meiner Gammeljogginghose in der Erde und rieche vermutlich nach einer Mischung aus Hühner-, Schafs- und Ziegenschiss...Neben 2 Katzen, 2 Goldfischen, div. Enten, Gänsen und einem Kaninchen, sind das die Tiere, die hier so umher laufen.
Gerade kommt die Katze zu mir und hat sich neben mich auf die Bank gesetzt unter einem Ahornbaum...

Die Wwoofinghosts sind vor 10 Jahren aus Deutschland nach Neuseeland gekommen. Wie gesagt, sie haben einen sehr alternativen Lebensstil - es ist ein wunderbares Gefühl, hier zu sein und ich fühle mich schon am 2. Tag als kleiner Teil der Familie.
Auch wenn ich sicherlich nicht alle Lebenseinstellungen teile, so vermitteln sie ein ganz anderes Gefühl von Lebensqualität, Lebensstil und Lebensglück...
Ist das Freiheit??
Es fühlt sich für mich so an...
Sie leben das, was sie für ihr Lebensideal halten - sie träumen es nicht nur, sondern versuchen es aktiv umzusetzen. Das finde ich toll und gerade das macht die glückliche Atmosphäre hier aus.
Ich habe es also mehr als nur gut getroffen, mit meiner ersten Wwoofing-Stelle.

Hier werde ich nun also planmäßig 2 Wochen bleiben.
Ich denke, es wird noch dies und das zu erzählen geben und ich werde euch auf dem Laufenden halten. Insbesondere hoffe ich, dass ich euch einen Teil der Fotos bald nachliefern kann, sodass meine verbalen Schilderungen auch ein wenig visuelles Futter bekommen.

Wobei, die Landschaft hier ist in der Vielfältigkeit auf nur wenigen Kilometern Entfernung so unbeschreiblich, sodass ich es bereits aufgegeben habe, zu glauben, dass ich das in Worte oder Bilder fassen könnte, welche wunderbare Eindrücke ich bisher sehen und erfühlen durfte..
Keine Beschreibung und keine Fotos könnten ausdrücken, wie es sich tatsächlich anfühlt. Somit habe ich mir die Illusion genommen, euch hier das möglichst 1:1 liefern zu können, was ich "sehe". Ich sinke zufrieden in mein Bett, am Ende meines ersten Arbeitstages.

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